Ab heute (Montag, 15.6.09) ist Streikwoche zum Thema Bildung in Leipzig.
Heute gibt es u.a. eine Podiumsdiskussion zum Thema Bologna-Prozess/Bachelor- und Master-Einführung ab 19 Uhr in der mb. Mehr Infos hier.
Und am Mittwoch gibt es ab 10.30 Uhr (HTWK) eine Demo, die schließlich mit einer Kundgebung am Augustusplatz enden wird.
Das ganze läuft im Rahmen einer bundesweiten Steikaktion.
Tja, hinaus in die Sonne … um die reale Utopie zu fordern und zu fördern?
Mehr Gedanken dazu jetzt und (wieder aktualisiert) später …
Interessant ist ein Bericht der LVZ vom 16.5.09 zum Bildungssteik an einer Leipziger Schule.
„Streiken heißt nicht Schwänzen“
Schülerprotest am Klinger-Gymnasium / Bildungsagentur hält sich zunächst zurück
Die Klingel im Max-Klinger-Gymnasium schellte gestern vergeblich: Viele Schüler ignorierten das Signal zur
ersten Stunde. Acht Uhr beginnt normalerweise der Unterricht in dem Plattenbau in Grünau, doch statt in
den Klassenzimmern traf sich ein Großteil der Schülerschaft auf dem Hof zur Kundgebung. Absperrbänder an Türen mit der Aufschrift „Bildungsstreik“ signalisierten, dass sich die Gymnasiasten in die bundesweite Protestbewegung einklinken.
„Wir lassen uns aber nicht von ideologischen Strömungen instrumentalisieren, halten hier keine Propaganda-Veranstaltung für irgendjemanden ab“, erklärte Steffen Juhran. Der Abiturient gehört zum Arbeitskreis Bildung, der sich schon vor zwei Wochen am Klinger konstituiert hatte, um die Aktionen vorzubereiten und sie „nicht destruktiv, sondern konstruktiv“ zu gestalten. Juhran: „Es geht nicht gegen die Lehrer hier und
auch nicht gegen unsere Schule an sich.“
Warum die Gymnasiasten mobil machen, versuchte Bertrand Zunker in Worte zu fassen. Mit dem Bildungssystem,
wie es derzeit gestrickt sei, ließe sich kein Blumentopf gewinnen, so seine
Lautsprecher-Botschaft an die versammelte Mannschaft. „Die Lehrerkollegien sind überaltert, die Lehrpläne
überfrachtet, das dreigliedrige Schulsystem antiquiert, die Klassen zu groß, der Bildungskanon nicht zeitgemäß“, listete der Neuntklässler Defizite auf und stellte die Sinnfrage: „Wozu ist Schule da, wenn die Abschlüsse einer ständigen Entwertung unterliegen, wenn die Abgänger von Mittelschulen kaum noch Berufschancen haben
und endlose Runden in Warteschleifen drehen müssen?“ Pisa hin oder her – Zunker hält nichts von der
„Selbstbeweihräucherung“ Sachsens, das bei der Bildungsstudie Vergleichsweise gut abgeschnitten hatte. Auch im Freistaat werde gleich dem Nürnberger Trichter viel unnützes Wissen in die Schülerköpfe geschüttet.
„Wir werden damit vollgepumpt, um es dann zur Prüfung auszuspucken.“ Da die Bildungspolitiker versuchten, sich mit „Worthülsen und Phrasen über eine angebliche Bildungsrepublik“ aus der Affäre zu ziehen, müssten die Schüler im Schulterschluss mit den Studenten nun Druck machen, um „aus dem Hamsterrad herauszukommen“. Streik stand am Klinger gestern zwar drauf, aber drin war keine Totalverweigerung. Nach der Ouvertüre auf dem Hof, konnten die Schüler am Vormittag wählen, ob sie beim regulären Unterricht die Bank drücken oder sich in Diskussionsrunden etwa zu den Themen „Demokratie in Schule und Gesellschaft“ oder „Selbstbestimmung in der Bildung“ einbringen. Rund die Hälfte nutzte die alternativen Angebote. S c h u l l e i t e r i n Margit Hanisch kehrte nicht die gestrenge Direktorin heraus: „Die Schüler müssen sich auch in Meinungsbildung ausprobieren können. Ich vertraue auf ihre Ehrlichkeit und ihre Rücksichtnahme auf jene, die am Unterricht teilnehmen wollen“. Hanisch war sich aber auch der rechtlichen Gratwanderung bewusst: „Alle, die nicht den regulären Schulbetrieb absolvieren wollen, mussten eine Einverständniserklärung der Eltern beibringen, auch aus versicherungstechnischen Gründen.“ Ebenso wie der Schülerrat hatte sie sich im Vorfeld mit einem erklärenden Brief an die Eltern gewandt und auch die Leipziger Bildungsagentur über die anstehenden Aktionen informiert. Agentursprecher Roman Schulz: „Juristisch gesehen, haben Schüler kein Streikrecht. Eine Denkweise wäre, solche Schulpflichtverstöße konsequent zu ahnden, zumal es demokratisch gewählte Gremien für Grundsatzdebatten gibt.“ Er hoffe aber, dass die Behörde nicht aktiv werden müsse: „Es geht darum, ob das Ganze nicht politisch unterwandert wird und in einem tolerierbaren Rahmen abläuft. Wir wollen nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen.“ Damit sich keiner unter dem Deckmantel des Streiks in die Büsche schlägt, hatten die Protestorganisatoren Listen ausgelegt, in denen jeder per Unterschrift bekunden musste, dass er bei den Workshops oder aber im Unterricht präsent ist. Steffen Juhran: „Streiken heißt nicht Schwänzen.“ Mario Beck
Nicht weniger belustigend ist eine Pressemitteilung der CDU-Bundestagsfraktion v. 15.6.09 zum Thema:
“Linke nutzen Bildungsstreiks als Wahlkampf-Events.
Aufrufe linker Studentenverbände und Gewerkschaften entlarvendZu den von fzs, GEW und anderen Organisationen ausgerufenen
Bildungsstreiks erklärt der bildungs- und forschungspolitische Sprecher
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stefan Müller MdB:Entlarvend sind die Aufrufe linker Studentenverbände und Gewerkschaften zu
Bildungsstreiks. Mit Musikfestfestivals, Partys und vorgetäuschten
Banküberfällen wollen sie Studierende und Schüler zu ?Bildungsstreiks?
anlocken und damit von ihrer Ausbildung abhalten. Im Sommer seien Parks
irgendwie tausendmal attraktiver als Schulen. Darum setze man sich lieber
in den Park. Schüler und Studenten sollten mitbringen, was für einen
netten Streik-Tag im Park von Nutzen sein könne.Wer so Schüler und Studenten davon abhalten will, ihr Recht auf Bildung
wahrzunehmen, offenbart, wie wenig ihm tatsächlich an der Bildung junger
Menschen gelegen ist. Hier sollen arglose Schüler und Studenten als
Statisten für öffentlichkeitswirksame Wahlkampf-Events der Linken gewonnen
werden.Wem wirklich an der Bildung gelegen wäre, der müsste derzeit gegen die
Pläne des rot-roten Berliner Senates aufbegehren, Schulplätze künftig
nicht mehr nach Leistung sondern per Los zu vergeben. Bei solchen Demos
dürfte allerdings niemandem zum Feiern zumute sein.”
Selten so über das Beleidigtsein eines Bildungskindes, mit dem keine Personen mehr spielen will gelächelt
Ansonsten verweise ich gerne auf die noch gar nicht so alten Gedanken zum Thema Universitätskulturen auf diesem Blog …