Der ehemalige Berliner Finanzsenator, von einigen Zuständigkeiten entlastete Bundesbank-Vorstand und nach wie vor SPD-Parteibuchbesitzer Thilo Sarrazin hat sich wieder einmal geäußert. “Rassistisch”, sagt (u.a.) die taz: Intelligenz sei “zu fast 80%” erblich und unterscheide sich zwischen (nach Herkunft unterschiedenen) Bevölkerungsgruppen, die auch ein unterschiedliches Reproduktionsverhalten hätten. Beides zusammen bedrohe Deutschland. “Provokant”, sagt der Spiegel. “Dumm und nicht weiterführend”, sagt die Kanzlerin (laut Jungle World). “Rechtsextrem”, sagt, wie der Schwarze Blog berichtet, der Aufruf zu einer Demo gegen Sarrazin am 21.6. in Berlin. Die Forderungen, laut Flyer:
- Sarrazin muss aus der SPD ausgeschlossen werden!
- Entlassung Sarrazins vom Vorstand der Bundesbank!
- Gesicht zeigen gegen Rassismus!
Der beim Schwarzen Blog dokumentierte Aufruf weiter:
“SARRAZINS RECHTSEXTREME ÄUSSERUNGEN NEHMEN WIR NICHT LÄNGER HIN !!! DESHALB BITTEN WIR JEDEN UNS IN DIESEM VORHABEN ZU UNTERSTÜTZEN UND AM MONTAG, 21.06.2010 um 18 Uhr vor dem WILLY-BRANDT-HAUS mit uns zu demonstrieren ! Je mehr Leute wir sind, desto klarer wird der SPD, dass Herr Sarrazin aus der SPD ausgeschlossen werden muss (…)
Die ZEIT IST GEKOMMEN, um der Führungsriege der SPD klar zu machen, dass wir diese RECHTSEXTREMEN ÄUSSERUNGEN NICHT LÄNGER HINNEHMEN (…)
So schnell wird aus Rassismus Rechtsextremismus. Die Entscheidung gegen einen Parteiausschluss Sarrazins geschah u.a. mit dem Argument, Rassismus habe in der SPD zwar keinen Platz, Sarrazins Äußerungen seien aber – entgegen dem eigens eingeholten Gutachten – nicht “im klassischen Sinne” rassistisch. Der Nicht-Ausschluss stelle aber keinen “Freifahrtschein für weitere Provokationen” dar. Sarrazin war vermutlich nicht der Meinung, einen solchen zu brauchen.
Ob die öffentliche Forderung nach einem Parteiausschluss fruchtet? Sarrazins aktuelle Aussagen sind nicht mehr oder weniger, sondern ziemlich genau so rassistisch wie die früheren. Jenseits der Frage, was und wem ein solcher Ausschluss nützt, ist auch die Frage interessant, welche Reaktionen die Unterstellung, Sarrazins Äußerungen seien nicht (nur) rassistisch, sondern (auch) rechtsextrem, in der SPD hervorrufen wird. Die Definitionen von “rechtsextrem” eignen sich noch besser als bekannte Rassismusdefinitionen für eine vergleichbare Argumentation gegen den Ausschluss. Ist die Begriffsverschiebung als größere Skandalisierung gemeint? Muss Rechtsextremismus auch ablehnen, wer Rassismus toleriert? Ist, was als “extrem” bezeichnet wird, tatsächlich leichter auszuschließen, als etwas, das menschenfeindlich und rassistisch ist?
Der Verein DeuKische Generation e.V. spricht auch in einem Offenen Brief an Sigmar Gabriel von rechtsextremen Äußerungen Sarrazins und fordert den sofortigen Parteiausschluss.
Siehe auch: Sarrazin, Rassismusdefinitionen und die SPD
Danke an: Der Schwarze Blog