von sfr, 6.07.2012

Und weiter geht’s mit dem willkürlichen Verbieten von als störend empfundenen Demonstrationen:

Linke Demo in Insel bleibt verboten

Eine linke Demonstration im Altmark-Dorf Insel bleibt verboten. Wie das Magdeburger Verwaltungsgericht mitteilte, sehen die Richter die öffentliche Sicherheit gefährdet. So werde im Internet unter anderem dazu aufgerufen, Insel bei der Demo wörtlich zu “fluten”. Am Sonntag wollten linke Gruppierungen in dem 400-Einwohner-Dorf unter dem Motto “Gegen den Volksmob” demonstrieren. Die Organisatoren haben inzwischen die nächste Instanz, das Oberverwaltungsgericht, angerufen. In Insel regt sich seit einem Jahr Widerstand gegen zwei frühere Sexualstraftäter. (MDR-Online)

Sicherheit gefährdet, weil zum “Fluten” aufgerufen wird. Es wird also befürchtet, dass die Anti-Volksmob-Demonstrant_innen tatsächlich Eimer voll Wasser mitbringen, um diese schöne Insel da wegzuspülen.

Mal schauen, ob sich das OVG dem anschließt. Sollte das passieren, müsste man in Zukunft beim Formulieren von Demo-Mottos äußerst vorsichtig sein und alles (selbst)zensieren, was als potentiell sicherheitsgefährdend deklariert werden kann. Also nix mehr mit StoppenBrechenZerschlagenIn-den-Rücken-Fallen …

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.: Kommentare

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  1. sfr

    7.07.2012 | 16:19

    Update: Das OVG Magdeburg hat das von der Polizeidirektion Nord (!) ausgesprochene und vom VG zunächst bestätigte Demo-Verbot aufgehoben. Ortsbürgermeister Alexander von Bismarck (CDU) ist (leider nicht) sprachlos:

    “Das schockiert mich völlig”, sagte er nach ein paar Momenten des Überlegens. Gerade vor dem Hintergrund, dass in Insel das Dorffest veranstaltet wird, kann er nicht verstehen, “dass eine solche Provokation zugelassen wird”. Und die sieht er schon im Motto in den Begriffen “Insel fluten” und “Volksmob”. “Linke sind immer auch Gewaltbereite, dass das die Gerichte mitmachen, kann ich nicht begreifen.”

    Dass der adlige Dorffürst – der nicht viel von Grundrechten und Gewaltenteilung zu verstehen scheint – sich von dem Aufruf provoziert fühlt, ist nicht verwunderlich, schürt er doch von Anfang an den örtlichen “Protest” gegen die beiden ehemaligen Sexualstraftäter. Gewalttätige Übergiffe gegen diese bzw. der Versuch dazu gingen dann von diesem “Volksmob” und den diesem zur Seite springenden Nazis aus.

  2. sfr

    8.07.2012 | 19:10

    Es durfte also demonstriert werden in Insel. Laut Polizeiangaben ohne besondere Vorkommnisse, alles blieb friedlich, die Auflagen wurden eingehalten. Und wie betitelt MDR-Online folgerichtig den Bericht dazu?

    “Linke greifen Insel-Bewohner verbal an”

    Wow, verbale Angriffe! Also doch gewalttätig diese Linken, wenn auch nur auf verbaler Ebene. Nach Angaben eines MDR-Korrespondenten wurden u.a. folgende “derbe Sprüche” gerufen, die seiner Ansicht nach mit den “Ereignissen in dem Ort” nicht viel zu tun hätten:

    “Leute lasst das Glotzen sein, schließt Euch in die Scheune ein”, “Kühe, Schweine, Ostdeutschland” sowie “Ossis, gebt uns unser Begrüßungsgeld zurück [Mark für Mark?]“

    Die Moderatorin bei MDR Sachsen-Anhalt kommentiert das zunächst mit einem lockeren “Unsäglich!” (nicht dass sich die Zuhörer_innen noch ein eigenes Urteil erlauben) und fragt bzw. fordert dann:

    “Wie haben denn die Dorfbewohner reagiert? Das kann man sich doch nicht gefallen lassen, oder?”

    Wie die Dorfbewohner_innen ihrer Meinung nach angemessen auf “verbalen Angriffe” hätten reagieren sollen, bleibt leider unausgesprochen. Der Reporter hat von einigen Bewohner_innen noch erfahren, dass diese vor allem ihre Ruhe haben wollen:

    “Mal kommen Neonazis, mal kommen linke Autonome, dann kommen Politiker, aber mit uns redet niemand mehr so richtig.”

    Aus Perspektive der (befragten) Insulaner_innen gehören also sowohl Nazis als auch Autonome und die gewählten Landtagsabgeordneten zu den ihre Ruhe störenden und den Ort in Misskredit bringenden Extremist_innen! Nicht zu vergessen die Medien, die ständig ihre “Scheinwerfer” auf das Dorf richten. Ohne diese, so die These, würde “man” sich vor Ort doch viel schneller einigen und mit den Ex-Häftlingen arrangieren. Immerhin erwähnt der Reporter dann bei MDR-Info zumindest, dass die örtliche Bürgerinitiative “teilweise eine unrühmlich Rolle gespielt” habe, da sie auch mit Neonazis zusammen gegen die ehemaligen Sexualstraftäter protestiert hat. Nicht zuletzt darauf wollte ja das “linke Bündnis” hinweisen.

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